Wenn man vier Pastoren derselben Stadt und weitere Leiter für ein wöchentliches Treffen mit Gebet und Austausch gewinnen kann, hat das Auswirkungen. Überaus positive Auswirkungen. Eine davon betrifft die Flüchtlingsarbeit, für die wir viel gebetet haben.

Ein afghanischer Flüchtling träumt von Jesus

Der Pastor meiner Gemeinde hatte sich längere Zeit bereits um einen afghanischen Flüchtling gekümmert und ihn zu Ämtern begleitet. Bei einem Straßenfest letzten Sommer lernte auch ich den Mann näher kennen, als ich mich an seinen Tisch setzte. So ergab es sich, dass wir über den christlichen Glauben ins Gespräch kamen.

Er erzählte mir, er habe schon dreimal von Jesus geträumt und wurde von ihm aufgefordert, zur Kirche zu gehen. Das haute mich aus den Socken! Spontan lud ich ihn ein, mit uns den nächsten Gottesdienst zu besuchen. Er stimmte zu und wir holten ihn ab. Aber was hat das alles mit einem Pastoren-Netzwerk zu tun?

Foto: 4Wände / Tim Dehring

Ich ein Netzwerker? So hatte ich mich selber noch nicht gesehen

Fangen wir von vorne an: Die Vision mit dem Netzwerk von Pastoren unserer Stadt hatte ich schon seit Jahren. Initialzündung war ein Gebetsseminar von Campus für Christus. Im Zuge des ‚hörenden Gebets‘ wurde mir zugesprochen, einen Ruf als Netzwerker zu haben. Von meiner Persönlichkeit her hatte ich mich bis dato allerdings überhaupt nicht als solcher gesehen. Viel eher als Macher, Entwickler und Umsetzer – also sachorientiert und doch mit einer gewissen Empathie.

Interessanterweise war ich in den Monaten nach dem Gebetsseminar mit verschiedenen Herausforderungen konfrontiert, wodurch ich fast schon gezwungen war, neue zwischenmenschliche Kontakte aufzubauen. Im Wesentlichen hängt das mit unserem westhouse-Projekt zusammen – einem multifunktionalen Begegnungszentrum, das wir seit 2012 am westlichen Stadtrand von Augsburg entwickeln.

Die Vernetzung von Gemeinden ist mir immer wichtiger geworden

In den letzten Jahren inspirierte mich besonders die Reich-Gottes-Perspektive, wie sie Keith Warrington in seinem Buch vermittelt. Sie öffnete mir die Augen dafür, wie essenziell es ist, dass Pastoren und Gemeinden zusammenarbeiten, um gemeinsam ihrer Stadt Gutes zu tun. Ein weiterer wichtiger Mentor für mich in Hinblick auf eine gesellschaftsrelevante Gemeinde war Prof. Dr. Johannes Reimer. Mehr und mehr erkannte ich den Zusammenhang zwischen Gabenorientierung in Leitungsaufgaben und Vernetzung von Gemeinden, um eine Stadt zu entwickeln.

Erst ein herber Rückschlag gab meiner Netzwerk-Vision neuen Auftrieb

Unser 4-Wände-Team plante das westhouse-Projekt mit der Freien evangelischen Gemeinde (FeG) Augsburg-West und hatte bereits einiges an Zeit und Energie investiert. Dann jedoch lehnte es die Stadt ab, die Reservierung für das Grundstück zu verlängern. Bei einer Gemeindeversammlung Anfang letzten Jahres stimmten schließlich nur noch 60 % der anwesenden Gemeindemitglieder für eine Beteiligung an dem Projekt. Damit fehlte der Rückhalt der Kirche, die geistlich dieses Zentrum füllen sollte.

Was tun? Sollten wir das ganze Projekt hinwerfen? Hatte ich doch weiterhin den Eindruck, dass dies nicht das Ende des Vorhabens war. Gott hatte bereits viele Türen aufgemacht und auch einen Investor konnten wir vorweisen. Sollte es mit anderen Gemeinden weitergehen? Meine Netzwerk-Vision drängte mich dazu die vier FeG-Pastoren, die in Augsburg ansässig sind, an einen Tisch zu bringen, damit etwas Größeres, Gemeinsames für unsere Stadt entsteht.

Manches schafft man nur gemeinsam

Zunächst konnte ich ein regelmäßiges Gebetstreffen mit einem der Pastoren und einem Leiter vereinbaren. Kurz darauf ließ sich ein weiterer Pastor, der damals ein ernstes Gebetsanliegen hatte, ermutigen, dazu zu kommen. Schließlich gelang es sogar, alle vier FeG-Pastoren in Augsburg mit einem Buchprojekt zusammenzubringen. Seit September 2016 trafen wir uns fast ein Jahr lang einmal in der Woche mit einem weiteren Leiter, also zu sechst. Dies ist auch deshalb echt stark, weil in früheren Jahren die Augsburger FeGs eher getrennte Wege gingen.

Wir begannen, gemeinsam ein Buch (Deep&Wide) von Andy Stanley zu lesen. Thema: Wie gestaltet man attraktive Kirchen für Menschen, die mit Kirche nichts am Hut haben? Ein wichtiger Durchbruch ließ nicht lange auf sich warten: Allen wurde bewusst, dass es zusätzliche Ressourcen und Zeit brauchen würde, um bestimmte Strategien umzusetzen. Um diese Ressourcen freizusetzen müssen Pastoren und Leiter zusammenarbeiten und sich die Aufgaben gabenorientiert teilen.

Doch unsere regelmäßigen Treffen bringen uns noch mehr:

  1. Wir besprechen viele Anregungen aus dem Buch und überlegen konkret, was wie in unseren Gemeinden umsetzbar ist.
  2. Es gibt einen Synergieeffekt mit meinem Anliegen, attraktive Gemeinderäume zu schaffen. Auch aus meiner täglichen Berufspraxis kann ich bei unseren Treffen einiges einbringen.
  3. Anfangs war für mich unter den Pastoren etwas Zurückhaltung und sogar ein bisschen Wettbewerb zu spüren. Zunächst schien es für sie nicht so leicht, zu kooperieren und sich gegenseitig mit den unterschiedlichen Gaben zu ergänzen. Dies veränderte sich aber zusehends; Vertrauen und Offenheit nehmen stetig zu.
  4. Bei einem schmerzhaften Konflikt innerhalb einer der Gemeinden konnte ein heilsamer Vergebungsprozess stattfinden, für den wir immer wieder gebetet haben.
  5. Es entsteht zunehmend eine gemeinsame Sicht für Augsburg.

Und was geschah nun mit „unserem“ afghanischen Flüchtling?

Wir beteten weiter für ihn und ermutigten ihn, regelmäßig die Gottesdienste zu besuchen. Irgendwann hatte ich den Impuls, eine Bibel in seiner Sprache, Farsi, zu organisieren. Kurze Zeit später bekehrte er sich. Eine persische Bibelgruppe aus der FEG Augsburg-West und ein Alpha-Kurs in der FeG Augsburg-Mitte halfen ihm danach bei den ersten Glaubensschritten.

Zwar sollte er zwischenzeitlich abgeschoben werden, doch dies konnte erstmal abgewendet werden, weil er als Christ in seiner Heimat einer noch größeren Verfolgung ausgesetzt wäre. Hier hat sich einer der Pastoren mächtig engagiert – und das nicht nur für diesen Flüchtling. Nun arbeitet unser afghanischer Mann in einem Altenpflegeheim, was ihm enorm viel Freude macht. Und wir dürfen auch diese Frucht bestaunen und Gott danken.